Das Mephisto-Projekt (Fortsetzung)

Ulla Haug-Rößler 

 

 FAUST:...Ungern heb‘ ich das Gastrecht auf, die Tür ist offen, hast freien Lauf. Aber was muß ich sehen! Kann das natürlich geschehen? Ist es Schatten? Ist’s Wirklichkeit? Wie wird mein Pudel lang und breit! Er hebt sich mit Gewalt, das ist nicht eines Hundes Gestalt! Welch ein Gespenst bracht‘ ich ins Haus! Schon sieht er wie ein Nilpferd aus, Mit feurigen Augen, schrecklichem Gebiß. O! du bist mir gewiß! Für solche halbe Höllenbrut Ist Salomonis Schlüssel gut.

 

 

Aus J.W. von Goethe Faust, Studierzimmer,

Z. 1245 –1258

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Kersten Paulsen

 

Mephisto - ein Bildnis

 

Mephisto strebt nach dem Nichts und ewig Leeren – und ist somit in letzter Konsequenz nicht darstellbar … wohl aber, was die Menschen das Böse nennen: die ständig stattfindende Zerstörung von Sein. Was für eine Projektion ist Mephisto also? Steckt hinter dem Mythos vom gefallenen Engel die Sehnsucht, dass hinter aller menschlichen Bösartigkeit noch ein Funke Gutes zu finden sei?

Ines Scheppach

 

Die mephistophelische Energie führt dazu, wissen zu wollen, haben zu wollen, machen zu wollen.

Diese Energie kann gleichermaßen zur Vernichtung wie zum Aufbau führen, zum Hass wie zur Liebe.

Theaterfiguren überhöhen, übertreiben und verdeutlichen und bringen dadurch das Unterbewußte ins Bewusstsein.

Kleine Teufelsenergie (rechts)

Die Beute (unten)


Horst Peter Schlotter

 

„Masken“

 

In den Jahren 2015 und 2016 entstand die malerische Reihe „Masken“. Ausgehend von ein und derselben Gesichtsmaske entwickelten sich verschiedene Ausdrucksformen mit geschlossenen Augen, die in sich ruhig, aber malerisch und farbig expressiv wirken,.Eine Arbeit aus der 9– teiligen Serie ist gehörnt dargestellt und entspricht so der traditionellen christlich-dogmatischen „teuflischen“ Mephistopheles – Darstellung. Trotzdem dies auch mit einem gewissen kontemplativen Blick nach innen. Gezeigt werden 3 Bilder aus der Reihe, jeweils 150 x 90 cm, Pigment, Acrylbinder auf Nessel

Mephisto Maske 

Hanjo Schmidt

 

Liebe Sandra Gerling

 

mir geht Ihr Mephisto nicht aus dem Kopf, der einer der besten ist, die ich bisher gesehen habe. Natürlich weiß ich nicht, was Ihnen zu dieser Rolle vorschwebte. Ich kann, zumindest als Maler, nur danach gehen, was ich sehe und was mir das sagt. Ihre Körpersprache, Ihre Gesten, Ihr Gesicht.

Ich habe in der Figur des Teufels immer eher einen Freund der Menschen gesehen, den Luzifer, den Lichtbringer, den Prometheus, der dafür, dass er sich um das Wohlergehen der Menschen kümmert, ihre Freude am Leben und dass er sich für die Aufklärung einsetzt, an den Felsen geschmiedet wird zur ewigen Qual bzw. „verteufelt“ und des Böden bezichtigt wird. Die Figur Gottes dagegen ist für mich schon lange ein Feind der Menschen, ein ziemlich gestörter Sadist, der den Menschen klein, unwissend und entsagend will und von ihm ein Verhalten wider seine Natur einfordert. Für alles mögliche soll der Mensch von Ewigkeit zu Ewigkeit in der Hölle schmoren, weil Gott ihn „liebt“.

 

Im Faust nun ist Mephisto der einzige mit Durchblick und Einsicht, während Faust doch ein ziemlich verschraubter Dummkopf ist. Aber des Teufels Rolle ist undankbar und das seit tausenden von Jahren. Sie spielen, so empfand ich das, diesen Widerwillen, die unendliche Langeweile von jemandem, der nun wirklich schon alles tausendmal gesehen hat und der daher das ganze „Theater“ mittlerweile sehr abgeschmackt findet, der aber auch den Menschen bedauert, diesen kleinen Toren, der wegen seiner „Gottähnlichkeit“ zur Überheblichkeit neigt und eigentlich unfähig ist, dazu zu lernen.

 

Dieser irgendwie tränennasse Blick, mit dem Sie da vorne an der Rampe stehen und ins Publikum schauen, während sich hinter Ihnen zum millionsten Mal jene Tragödie entwickelt, die Religion und Moral für diejenigen bereithält, die Lust und Glück suchen. Dieser sehr traurige, wissende und leicht angewiderte Blick von Ihnen war umwerfend und ich würde gern versuchen, ihn malend festzuhalten, falls das möglich ist. Ich müsste dafür ein Paar Fotos machen, eine Angelegenheit von einer halben Stunde. Allerdings scheint im Moment der Theaterbetrieb irgendwie hauptsächlich auf den Schultern von Ihnen, Paul Grill und Lea Ruckpaul zu liegen und daher keiner irgendwelche Zeit für Extras zu haben, aber ich wollte es trotzdem nicht versäumt haben, Sie zu fragen.

Sandra als Mephisto 

Günther Sommer

 

Mephisto

 

Mephistos Dekadenz und Verweigerungshaltung, das aggressive Zurückholen aller Utopien (und aller Utopisten) auf die Erde sowie die Deklaration aller Transzendenz als sinnlos ist auch für den Künstler der Gegenwart, der sich mitunter als Jongleur und Akrobat begreift, Beleidigung und Herausforderung zugleich. Die positive Verwandlung und Interpretation dieser Welt im kreativen Prozess kann durchaus mit mephistophelischem Zynismus, aber auch gleichzeitig mit transzendentalem Ungehorsam erfolgen: das Schaffen von Transparenz (statt Transzendenz) und die lustvolle Demaskierung sowie gleich- zeitige Entwertung menschenfeindlicher etablierter Normen dienen als Basis für die Befreiung aus der Endlosschleife höllischer Gleichförmigkeit.

Mephisto-Goethe-Jongleur

 Mephistos Raute